2. Das Wichtigste zur Vorbeugung
Aus meinem Buch Burnout, Kapitel 8:
Damit komme ich zu einem entscheidenden Abschluss von Erörterungen, die ich in den voraufgegangenen Kapiteln schon zum Thema Selbstkritik angestellt hatte. Im Kapitel 2 war herausgestellt worden, dass Selbstzweifel die eigenen Fähigkeiten infrage stellen. Sie werden von sehr vielen äußeren Einflüssen genährt. Wenn das eigene Können geringer gewertet wird, als man es für die bisherige Lebensstrategie voraussetzte, kann Hoffnungslosigkeit aufkommen. In Kapitel 4 war dann zu erkennen, dass die Selbstzweifel sogar am eigenen Weltbild, also am persönlichen Orientierungsrahmen nagen und Unsicherheit erzeugen (Abb. 1.1), dass sie aber auch die Motivationen versiegen lassen (Abb. 7.2). Es dürfte klar geworden sein, dass es unser eigenes, nun gegen uns selbst gerichtetes Denken ist, was hier zwar von anderen manipuliert sein kann, das aber in unseren eigenen Einstellungen und Vorstellungen Schaden anrichtet. Und ich hatte in Kapitel 6 im Zusammenhang mit der Vorbeugung von Herzinfarkten gezeigt, dass man mit eben diesem Verstand auch Denkfehler auflösen kann. Das geht noch Wochen oder Monate später. Es sollte aber auf jeden Fall schriftlich gemacht werden, weil man sich sonst zu leicht mit oberflächlichen Gedanken zufrieden gibt.
Die schriftliche Aufarbeitung, die einen so gewaltigen Erfolg beim psychischen Stress zu erzielen vermag, sollte man dann auch bei der Aufarbeitung von Zweifeln und insbesondere von Selbstzweifeln einsetzen. Das kann man jeden Tag machen, gegebenenfalls auch anlässlich eines Sanatoriumaufenthaltes.
Die Beschäftigung mit dem Temperament brachte somit einerseits den Hinweis auf die geeignete Strategie bei Misserfolgserlebnissen. Andererseits kann daraus die Warnung vor dem Abgleiten wohlgemeinter Kritik in Selbstzweifel abgeleitet werden. Die Gefahr ergibt sich sowohl für den Optimisten, bei dem ich sie erörterte, wie für den Pessimisten, der von vornherein zu Kritik und Zweifeln neigt.
Abb. 8.1: Am Burnout beteiligte Psychomechanismen und Hinweise auf vorgeschlagene Gegenmaßnahmen. Obere Hälfte: Kognitive (verstandesmäßige) Funktionen und entsprechende emotionale Bewertung. Untere Hälfte: Stimmung und Motivation, beeinflusst durch Temperamente. Die Ziffern bezeichnen entsprechende Kapitel dieses Buches. Wer einfach nur vorbeugen will, mag schon aus dieser stark vereinfachten Darstellung ablesen, dass es kaum genügen dürfte, nur an einem Mechanismus anzusetzen.
In den voraufgegangenen Kapiteln wurde somit eine Reihe von Vorschlägen zur Gegenwehr gegen einzelne Fehlentwicklungen beim Burnout gemacht. In der Abb. 8.1 sind die wichtigen noch einmal kurz dargestellt, ausgehend von den betroffenen Psychomechanismen. Im nächsten Kapitel werden wir nun überlegen, wie man seine Einstellungen ändern und Vorurteile abbauen kann.
Und nun noch mal das Wichtigste aus Kapitel 8 zur Vorbeugung:
- Die Temperamente können als übergeordnete Schaltfunktionen aufgefasst werden, die mehrere psychische Programme gleichsinnig und gleichzeitig regeln.
- Eine Grundtendenz des Temperaments ist angeboren, entsprechendes Verhalten also für das Individuum typisch. Die Tagesform kann aber variieren.
- Eine Funktion des Temperaments regelt das Verhalten zwischen "extravertiert", also offen und lebhaft einerseits und "introvertiert", also verschlossen andererseits.
- Auf der Ebene "keck" – "schüchtern" haben letztere Eigenschaften Nachteile. Man kann die angeborene Tendenz im Hirnstrombild (EEG) erkennen.
- Ein Trainingsprogramm, das schrittweise aufbauend für Erfolgserlebnisse und damit für Selbstbewusstsein sorgt, kann diesen Kindern helfen.
- Optimismus und Pessimismus regeln die Zukunftsorientierung im Sinne von leichtsinnig, mutig, schnell entschlossen einerseits und kritisch, vorsichtig andererseits. Wahrscheinlich sind es zwei getrennte Funktionen.
- Nach Misserfolgen ist die Kritik des Optimisten auf die eigenen Fehler zentriert, ist also überwiegend eine Selbstkritik. Das erzeugt den Vorsatz zum Lernen und eröffnet die Möglichkeit zur Besserung.
- Selbstkritik könnte bei dem Burnout-Betroffenen aber zu Zweifeln führen und nachteilig sein.
- Dem Burnout-Betroffenen sollte daher empfohlen werden, seine Kritik schriftlich aufzuarbeiten, und zwar mit positiver Einstellung auf Mehrung der Erfahrung.
3. Vier gut begründete Ratschläge (hier speziell für Gymnasiallehrer)
|
1.Psychosoziale Absicherung: Der Mensch ist ein soziales Wesen, er strebt nach Akzeptanz und Rückhalt in einer (friedlichen) Gruppe
a) Familie, Freunde, Verein: Was könnte ich intensiver nutzen? b) Lehrerkollegium (als positiv gestimmte Interessengemeinschaft) c) Schulklasse, evtl. sympathisierende (Fan-) Gruppe; gemeinsames Prozess-Lernen? Investitionen in außerschulische persönliche Kontakte
Intensivieren Sie bewusst Ihre sozialen Kontakte. Achten Sie gezielt auf Gelegenheiten und nutzen Sie sie mutig. Menschliche Wärme ist die beste Versicherung gegen Burnout.
2.Do-it-yourself-Psychoanalyse: schriftliche Analyse psychischer Problemfelder.
• Präzise schriftliche Aufarbeitung von akuten oder länger schwelenden Konflikten, • Evtl. gezielter Urlaub in der Einsamkeit (2 Wochen?) • Rückzug in ein Sanatorium in schweren Fällen, dann evtl. Coach.
Achtung: Zwar Rückzug aus dem Stress, aber nicht in die Passivität! Zeit außer zur schriftlichen Problembewältigung auch zur ebenfalls schriftlichen Ausarbeitung von Verbesserungsvorhaben nutzen.
3.Verhaltensänderung durch Prozess-Lernen: Übung und Training langfristig
• Schwachstellenanalyse: Introspektion, gute Vorsätze, Stressoren-Tabellen • Nur ein oder zwei Problemfelder, Coach (Freund, Kollege, Schüler) • Hilfe von verständigen Mitmenschen organisieren • 3 Monate einkalkulieren! Trainieren Sie ihr Durchhaltevermögen. • geistige Rekapitulation der Einzelaktionen (vorher-nachher, mehrmals täglich), um das "Gewicht" des Neugelernten rasch zu erhöhen.
4.Streben nach positivem Denken (Optimismus)
• Erfolg definieren und erhoffen, Vorfreude gezielt suchen und pflegen • Bei Selbstkritik bewusst auf eigene Fehler achten • Aus den Fehlern konsequent lernen wollen (oft Anlass zur Verhaltensänderung) • möglichst nicht ärgern! Evtl. die eigenen emotionalen Marker revidieren.
|
|