Konzepte zur emotionalen Kompetenz

Prof. Dr. Wolfgang Seidel, Sindelfingen

Leseproben

Leider hat es bei einigen Browsern Probleme mit der Navigationsleiste meiner Site gegeben. In der linken Spalte im Anschluss an diesen Hinweis finden Sie daher immer ein Inhaltsverzeichnis der Homepage, von dem aus Sie alle Seiten durch Anklicken ebenfalls aufrufen können.

Inhaltsverzeichnis

 

Home - Willkommen

 

1.Emotionspsychologie

1.1    Emotionen

1.1.1    emotionale Intelligenz

1.2    emot. Kompetenz

1.2.1     Referat zur Kompetenz

1.3   Motivationen

1.3.1    Modulation

1.3.2    Charakter

1.4   Temperamente

 

2 Psychologie-Themen

2.1   Intelligenz

2.2  Odptimismus und Gewissen

 

3 Vorträge aktuell

3.0  Videos von Vorträgen

3.1   Burnout

3.1.1   Bo.Info

3.2   Lebensqualität

3.3   Chancen durch Emotionen

3.4   Team und Führung

3.5   Freiheit wozu

3.6   freier Wille

3.7   Intelligenz

3.8   Lehrerseminar

3.9   Personalentwicklung

3.10  medizinische Berufe

3.10.1   Empfehlung

3.11  Sozialpädagogik

 

4 Vortrags-Planung

4.1   Das richtige Programm

 

5 Meine Bücher

5.1    Der Ratgeber

5.1.1    Inhaltsangabe

5.1.2    Pressespiegel

5.2   Krankenhaus

5.2.1   Inhaltsverzeichnis

5.2.2    Vorwort

5.2.3    Schlussbetrachtung

5.3   ethisches Gehirn

5.3.1    Leseprobe

5.3.2   Strafjustiz

5.4   Burnout

5.4.1    Schlusskapitel

5.4.2   Burnout Leseproben

5.5   Der informierte Patient

5.5.1      Textproben

 

6 Literaturempfehlung

 

7 Kontakt

7.1   Impressum

Stichworte

Viele Stichworte wurden mehrfach behandelt . Zusätzliche Informationen erhält man durch anklicken von “ X”

 

Abwägen

Alter, gefühltes

Angst

Arbeitsspeicher

angeborene Bedürfnisse; X

Automatismen

Begabung

Belohnungszentrum

Berufswahl; X

Bewertungssystem; X

Bewusstsein

Burnout-Syndrom

Burnout, Vorbeugung

Charakter

Depression; X

Determinismus

Egoismus

eigener Wille

Einstellungen; X; X

Emotionen, primäre; X

emotionale Intelligenz; X

Empathie; X

Empfindungen

Entscheidung

Erfahrung; X

Ethik

Flow

freier Wille

Führungsfehler; X

g-Faktor

Gefühlsqualität

Gehirnschäden

Gewichtung

Gewissen

Innere Emigration; X

Intelligenz; X; X

Intelligenz, interpersonale

Körpergefühl

Kompetenz, X; X

Kommunikation

Lebensqualität; X

Lernen; X

Marker, emotionale; X

Marshmallow-Test

Menschenkenntnis

Motivation, gerichtete; X

Motivation, ungerichtete

multiple Intelligenz

Optimismus; X; X

Persönlichkeit

Reflex

Selbstbeherrschung; X; X; X

Selbstkritik

Selbstwertgefühl

Soziale Kompetenz; X

Soziopsychologie

soziale Stile

Spiegelzellen; X

Stimmung; X; X

Stress; X

Subjektivität, X; X

Sympathie

Teamfähigkeit; X

Temperament; X

Verantwortung; X; X

Verhalten ändern; X

Weltbild, inneres

Willensbildung

Wohlbefinden

 Zum Navigieren können Sie auch das Inhaltsverzeichnis in der linken Spalte benutzen.

Bücher  -  Bücher

        Leseproben aus “Der informierte Patient”:

     

    Aus dem Buch “Der informierte Patient” können Sie hier

           1. die Einleitung und/oder 

           2. das  Schlusskapitel einsehen

 

           

 

 

1  Einleitung

 

1.1  Information ist fast die halbe Genesung

Sie müssen also ins Krankenhaus, liebe Leserin, lieber Leser, oder sind schon dort, in einer Ihnen vielleicht sogar bedrohlich erscheinenden Welt. Ich kenne diesen Betrieb Krankenhaus ziemlich gut. Fast vier Jahrzehnte habe ich darin gearbeitet, und ich musste Kliniken auch mehrmals als Patient erleben. Ich weiß um die Erwartungen, die Hoffnungen auf schnelle und vollständige Heilung, die mit dem Krankenhaus verbunden sind.

Ich kenne aber auch die unbestimmten Ängste, nun eingespannt zu werden in einen hochtechnisierten Betrieb, der getrimmt ist auf Rationalität, Effektivität, Verlässlichkeit und Erfolg, der irgendwie unheimlich ist, über den man schon sehr Unterschiedliches gehört hat, in den man sich aber einfügen muss. Wir werden hinter die Kulissen der letztlich segensreichen "Apparatemedizin" schauen, soweit Sie als Patient mit ihr in Berührung kommen.

Im "Dienstleistungsbetrieb" Krankenhaus arbeiten andererseits viele Menschen. Mit einigen von ihnen werden Sie recht engen Kontakt haben. Sie werden von Ihnen vielleicht sehr abhängig sein, abhängig also von Menschen, die Sie nicht kennen und nicht ausgewählt haben. Sie werden unvermittelt versetzt in eine Welt zwischenmenschlicher Netzwerke, die ihre eigenen, eingeschliffenen Regeln haben. Sie kommen in die Obhut vieler Fachleute, die Ihnen mit ehrlicher Hilfsbereitschaft, aber doch in professioneller Geschäftigkeit zur Seite stehen wollen.

Es werden also auch zwischenmenschliche Fragen auftreten. Daher werde ich Hinweise, vielleicht Ratschläge in psychologischer Hinsicht geben. Je besser man den anderen und seine Intentionen und Motivationen versteht, desto ersprießlicher wird das gemeinsame Wirken sein.

Und der Krankenhausaufenthalt wird schließlich eine Zeit sein, in der Sie sich mehr mit Ihrem Körper oder Ihren psychischen Reaktionen befassen (müssen) als sonst. Es ist ein Ausnahmezustand für Sie, Neuland bezüglich mancher Eigenerfahrung. Aber man weiß einiges über viele dieser Phänomene. Auch darüber werden wir sprechen.

Information ist die halbe Genesung? Es ist immer gut, wenn man vorher weiß, was einen erwartet. Dafür sammelt man Erfahrung. Man kann sich dann auf das Kommende einstellen. Nicht nur wissensmäßig sollte man vorbereitet sein, also bezüglich harter Fakten, sondern ganz entscheidend auch bezüglich der inneren Einstellung. Denn Bedenken, Vorurteile oder gar Ängste können tatsächlich den Heilungsverlauf ganz wesentlich beeinträchtigen. Das Unterbewusstsein spielt häufiger eine Rolle, als man gemeinhin annimmt. Und diese Einstellung kann man mit dem Verstand steuern. Ich werde Ihnen Hinweise geben.

 

1.2  Richtige Annahmen für eine ungewisse Zukunft

In den ersten Stunden im Krankenhaus fühlt man sich irgendwie unsicher. Man kennt den Tagesablauf nicht, die Regeln, die hier gelten, die Tabus, gegen die man nicht verstoßen möchte. Wie soll man alles richtig machen, um möglichst bald und gesund wieder herauszukommen? Mich hat dieses Gefühl auch beschlichen, obgleich ich alles wusste, was ich in diesem Buch schreibe. Gefühle kommen einfach. Aber ich hatte niemals das Gefühl der Angst.. Das war überaus beruhigend, und da könnte ich Sie unterstützen.

Denn wenn man das Kommende schon einigermaßen kennt oder ungefähr einschätzen kann, hat man einfach weniger Angst - zum Beispiel davor, in falsche Hände zu geraten oder dass jemand bei mir etwas Unnötiges oder einen Fehler macht. Man könnte auch Angst haben, jemanden durch unpassende Äußerungen vor den Kopf zu stoßen, auf dessen wohlwollende Hilfe man hofft. Hinzu kommen ja noch verständliche Ängste, dass sich die Krankheit als besonders gefährlich und ihr Verlauf als unerwartet komplikationsreich erweisen könnte. Und auch die Frage, ob die eigene Kraft reichen wird, um die kommenden Belastungen durchzustehen, macht Angst.

Ängste bedeuten Stress, über den wir in Abschnitt 7.1 mehr erfahren werden. Er ist für die Genesung schädlich. Und er drückt oft die Stimmung. Dadurch kann der nachweislich vorteilhafte Einfluss durch gute Laune und Freude verloren gehen. Wie gewinnt man da das Lachen zurück? "Lachen ist gesund", sagt man. Es macht tatsächlich gesund, unter anderem natürlich.

Wie aber kann die Information, die ich Ihnen in diesem Buche anbiete, zu Ihrer guten Stimmung beitragen? Es gibt dafür eine einleuchtende Theorie. Ich sollte sie Ihnen gleich hier im Vorwort erläutern, und ich werde dann auch sagen, warum. Die Theorie geht von den Erwartungen aus, die jeder Mensch an das Vorhaben knüpft, das er gerade beginnt oder durchführt.

Jeder macht mehr oder weniger bewusst eine "Annahme" über das Ergebnis seines Tuns. Die Annahme kann je nach Temperament (über das wir noch in Abschnitt 4.8 reden) ganz realistisch sein oder einem Luftschloss gleichen. Erinnern Sie sich, wie Sie unlängst eine nicht ganz einfache Aufgabe zu lösen hatten. Vielleicht wollten Sie Ihre Freunde zu einem Essen einladen, dass Ihnen so gut schmeckt, und das Sie nun auch selbst zubereiten wollten. Während Sie die Zutaten einkaufen, malen Sie sich aus, wie gut Ihnen die Speise gelingen und wie die Freunde Sie loben werden. Das ist Ihre Annahme, wie das in Abb. 1.1 links oben angedeutet ist. Die Stimmung, die Sie dann am Ende des Abends haben werden, wenn die Gäste wieder gegangen sind, hängt klar von der Reaktion Ihrer Freunde ab und ist ganz rechts an der Skala der Abbildung abzulesen. Hat man mit großen Appetit gegessen und Sie gelobt, stimmt also der "Istwert" des Erreichten mit dem vorher festgelegten "Sollwert" Ihrer Annahme überein, erzeugt das Belohnungssystem in Ihrem Gehirn Freude, indem es die Ausschüttung von "Glückshormonen" veranlasst.

Auch wenn Sie ins Krankenhaus müssen, haben Sie Erwartungen. Die Annahmen betreffen nicht nur den Erfolg des Aufenthalts im Ganzen, sondern auch viele kleine Einzelheiten. Wie sehr schon falsche Vorstellungen über die Aufnahme die Stimmung drücken können, mag die Abbildung 1.2 andeuten. Je mehr Ihrer Annahmen tatsächlich zutreffen werden, desto besser werden Sie sich vor deprimierenden Enttäuschungen schützen und die möglichen Erfolge erreichen können. Dem richtig Informierten bietet auch ein Krankenhaus Erfolgserlebnisse - durch den Erfolg vorausschauenden Wissens.

Das ist nun auch mein Anliegen in diesem Buch: Ihnen möglichst viele Informationen zu geben, die sich später als richtig erweisen und Ihnen die beruhigende Gewissheit geben, sich doch etwas auszukennen, mehr noch aber das Gefühl, mit Ihren Annahmen richtig zu liegen und zufrieden sein zu können, weil vieles so kam wie erwartet.

p6k5 Nr.2 Stimmung 2

 

Abb. 1.1: Unsere Stimmung hängt davon ab, ob unsere Annahmen richtig oder falsch waren. Vor dem Ende einer Tätigkeit macht man Annahmen, wie das Ergebnis ausfallen könnte. Im geschilderten Beispiel geht es um die selbstgestellte Aufgabe, ein besonderes Mahl zu bereiten. Falls das Ergebnis mit der Annahme übereinstimmt, freut sich der Ausführende. Seine gute Stimmung ist Motivation für weitere Aktivitäten. Da die gute Laune vom Belohnungszentrum gesteuert wird, kann man sie auch als Anerkennung für die Nutzung richtiger Informationen, die zum Erfolg führten, deuten, sowie für ausreichende Selbstkritik und für die richtige Einschätzung der Reaktion des Geschmacks der Gäste, also für Menschenkenntnis. Final gesehen wird man durch die “Belohnung“ mittels guter Stimmung zur Mehrung dieser Kenntnisse aufgefordert.

 

p6k5Nr.2 Stimmung  2

Abb. 1.2  Enttäuschte Erwartungen bedingen die Stimmung: Jedes Mal, wenn die Realität nicht mit den Annahmen übereinstimmt, wird die Stimmung schlechter. Viele kleine Enttäuschungen können sich zu einer sehr schlechten Laune summieren. Wenn dann die Stationsschwester zur Begrüßung kommt, erhält sie einen völlig falschen ersten Eindruck von dem neuen Patienten. Die falschen Annahmen über die ersten Stunden im Krankenhaus können die Atmosphäre des ganzen Aufenthalts vergiften.

 

1.3  Die Menschen sind fehlbar, und die Medizin lernt noch

Ich habe lange überlegt, ob ich nicht die Abbildung 1.2 besser weglassen sollte. Der Leser könnte nämlich daraufhin erwarten, dass ich in diesem Buch immer auf eventuelle Schwachstellen hinweise, damit er sich mit seinen "Annahmen" jeweils auf die schlechtestmögliche Situation innerlich vorbereiten kann, um später eine freudige Stimmung zu generieren, weil es ja gar nicht so schlimm war.

In diesem "Kompass" möchte ich aber von einem korrekten Bild der Krankenhausmedizin ausgehen und nicht von deren gelegentlichen Fehlleistungen. Natürlich gibt es unter den 135.000 Krankenhausärzten einige, die eine "falsche" ethische Auffassung von ihrem Beruf haben, sicher auch einige, die trotz der schwierigen Hürde des Numerus clausus vor dem Studium nicht gerade die klügsten Fachleute sind oder zu bequem, sich fortzubilden. Natürlich gibt es unter den fast 400.000 Pflegekräften auch mürrische oder verbitterte, jedenfalls nicht rückhaltlos aufs Helfen Eingestellte, die nur recht und schlecht ihren Job machen. Vielleicht lassen sie außerberuflichen Frust an den Kranken aus. Und selbstverständlich sind unter mehr als 2.000 Krankenhäusern auch einige schlecht geführt, entweder wirtschaftlich oder in Bezug auf das Arbeitsklima oder hinsichtlich der Berücksichtigung der Belange der Kranken.

Das sind Ausnahmen, die man nicht ausdrücklich genug kritisieren kann, damit sie korrigiert werden. Aber das ist nicht die Aufgabe dieses Ratgebers für kranke Menschen. Denen kann man mit gutem Gewissen sagen, dass wir in unserem Land eines der besten Gesundheitswesen der Welt haben, dessen Krankenhäuser fast ausnahmslos in die Spitzenklasse gehören.

Leider werden die gelegentlichen menschlichen Schwächen deutlicher in "stressigen" Zeiten, und zu denen muss man die gegenwärtige mit ihrem rigorosen Sparkurs im Gesundheitswesen rechnen. Ich werde darauf zurückkommen: Es sind (fast) nur die Gesunden, die auf niedrige Kassenbeiträge drängen und gegen zusätzliche Steuergelder für das Gesundheitssystem plädieren. Es sind die gleichen Menschen, die es sich im Urlaub mal richtig gut gehen lassen. Wer selbst krank wird, setzt dann andere Schwerpunkte.

Manche falsche "Annahme", manche Enttäuschung resultiert aber gar nicht aus dem Menschlichen oder dem Ökonomischen, sondern aus einer falschen Erwartung an die Schulmedizin. Die Medizin als Wissenschaft macht gewaltige Fortschritte, ständig von Jahr zu Jahr, weltweit. Aber wir erleben die "moderne" Medizin mitten in einer Entwicklung, die vor 200 Jahren ganz klein begonnen hat und noch lange Jahrhunderte nicht abgeschlossen sein wird. Daher lassen ihre gegenwärtigen "Erfolge" sehr oft zu wünschen übrig, enttäuschen vielleicht – alle Beteiligten. Und es ist kein Trost, zu versprechen, dass alles nach weiteren 50 oder 100 Jahren sehr viel effektiver sein wird.

Gar zu oft muss der Arzt sagen: "Ich hoffe, dass wir jetzt die Ursache Ihrer Beschwerden gefunden haben...". Fast Täglich muss er gestehen, dass das neue Medikament nur bei 80% der Fälle (oder so ähnlich) hilft, aber eben nicht bei allen. Immer wieder muss er zugeben, dass die Nebenwirkungen leider sehr häufig oder erschreckend stark sind. Nicht gerade selten muss der Operateur erklären, dass die Verhältnisse sehr ungünstig oder gar nicht beherrschbar gewesen seien, und dass er die unvermeidbare Komplikation sehr bedaure.

Wir leben heute und sollten froh sein, wenn die in "Ihrem" Krankenhaus praktizierte Medizin annähernd dem heutigen Spitzenstandard entspricht. Wichtig ist, dass man ihn so sorgfältig und sicherheitsbewusst wie möglich betreibt.

 

1.4  Sie müssen die Reihenfolge der Kapitel nicht einhalten

Liebe Leserinnen und Leser, ich musste mich natürlich fragen, welche aller möglichen Informationen über Krankenhäuser und Behandlung darin könnten für Sie wichtig und gleichzeitig unterhaltsam genug darstellbar sein, dass Sie darüber lesen möchten in Ihrer angespannten Situation mit einer wohl doch erheblichen Erkrankung. Was fällt dem Kranken auf, weil er es nicht kennt, von welchen Abläufen möchte er die Hintergründe kennen, was mag ihn vom Bett aus interessieren? Aber zu erwägen war auch: Was muss man als Kranker wissen, damit möglichst wenig Missverständnisse aufkommen und ihm keine Versäumnisse, Ungeschicklichkeiten oder gar Fehler passieren? Vielleicht wären gewisse Informationen auch wichtig, um den Schwestern und Ärzten und den anderen Mitarbeitern des Krankenhauses zeitraubende Fragen zu ersparen oder um Verständnis für ihre beruflichen Schwierigkeiten und Wünsche zu wecken? Ist es möglich, falsche grundsätzliche Erwartungen der Kranken zu korrigieren, die vielleicht durch einseitige oder tendenziöse Berichterstattung in den Medien erzeugt wurden?

Ich habe mir überlegt, dass man eigentlich zwei Informationsbücher schreiben müsste: Eines für Kranke, die sich im Krankenhaus gar nicht auskennen, und die daher Hinweise und Aufklärung für die alltäglichen Gepflogenheiten und Anforderungen benötigen, und andererseits eines mit Informationen für Menschen, die nun schon zu wiederholtem Mal eine Klinik aufsuchen müssen und sich zum Beispiel Gedanken zu Hintergründen der Krankenhausfinanzierung oder der Organisationsstruktur oder auch zu Karrierechancen, Arbeitsbedingungen und Einkommen der Mitarbeiter machen oder die gar über imponierende oder fehlende Intensität von Sympathie, Intuition oder Vertrauen nachdenken.

Dieser Ratgeber wendet sich daher zunächst an "Neulinge" im Krankenhaus. Sie brauchen die Informationen nötiger. Das Buch ist dennoch ziemlich umfangreich geworden. Falls Sie es erst in die Hände bekommen, wenn Sie schon im Krankenhaus sind, können Sie ohne weiteres zuerst die Kapitel aufsuchen, die Sie gerade jetzt interessieren. Das Inhaltsverzeichnis am Anfang oder der Index am Ende des Buches wird Sie dahin führen. Es wäre schade, wenn Sie sich erst Seite für Seite bis zum Kapitel über Krankenhausaufnahme durchgearbeitet haben, wenn schon Ihre Entlassung ansteht. Und wenn Ihre Krankheit keinen operativen Eingriff erfordert, können Sie natürlich solche Kapitel übergehen und vielleicht später nachlesen.

Allen Gesichtspunkten kann ich natürlich nicht umfassend gerecht werden. Ich werde versuchen, das Krankenhaus mit den Augen eines Patienten zu sehen, manchmal neugierig, manchmal verwundert oder voreingenommen oder auch enttäuscht, um dann Antworten zu finden. Dabei werde ich Fachausdrücke oder Redensarten benutzen, die man als Patient häufig zu hören bekommt, und werde sie erklären. Aber ich werde die eigentliche medizinische Fachsprache strikt vermeiden. Die schwierigeren Begriffe sind in einem Glossar im Anhang zusammengestellt, das natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann.

 

1.5  Das sind die wichtigsten Themen

Im nächsten (zweiten) Kapitel werde ich zunächst auf Notfallsituationen eingehen, für den Fall, dass man noch Zeit hat, sich auf derartiges rechtzeitig einzustellen, also in diesem Buch zu lesen, bevor es aufregend wird. Das dritte Kapitel ist geschrieben für Kranke oder Angehörige, die sich bislang mit unserem Gesundheitswesen wenig beschäftigt haben, weil sie gesund waren. Sie finden dort Informationen über die ambulante ärztliche Versorgung und über mögliche Wege von dort ins Krankenhaus. Die Art und Schwere Ihrer Erkrankung, liebe Leserin und lieber Leser, aber auch Ihre Zielvorstellungen gehen in die Entscheidung ein, die Sie in einer besonderen Form von Teamarbeit mit Ihrem Arzt treffen werden und die Sie dann auch mitzutragen haben.

Zu Ihren Überlegungen kann die Frage gehören, in welches Krankenhaus Sie denn am besten gehen. Falls Sie selber aktiv werden wollen, gebe ich dazu Hinweise in Kapitel vier. Wir werden besprechen, welche Informationen man im Internet oder von Bekannten erhalten kann, und wie vorsichtig man sie werten sollte. Aber falls Sie dieses Buch erst geschenkt bekommen haben sollten, nachdem Sie schon stationär aufgenommen wurden, werden Sie den ganzen ersten Teil erst einmal übergehen.

Nicht aktuell würden für Sie dann auch alle Erläuterungen über die Vorbereitung für eine Klinikaufnahme und damit das fünfte Kapitel sein. Aber in dieses Buch gehören nun mal auch Ratschläge darüber, was man in die Klinik mitnehmen muss, was nicht, und was man sonst noch bedenken sollte. Das sechste Kapitel enthält dann einige notwendige Informationen rund um die Krankenhausaufnahme.

Interessant dürfte dann die Beschreibung der Krankenstation und des Tagesablaufs in Kapitel für Sie sein. Manche Routinen, Techniken, Zusammenhänge haben Sie vielleicht schon kennengelernt. Aber meine Erklärung von Hintergründen mag noch einige "Aha-Effekte" bieten. Und vielleicht interessieren Sie meine Ausführungen über schlechten Schlaf und mögliche Gegenmaßnahmen.

Im achten bis zehnten Kapitel befassen wir uns dann mit den wichtigsten Gruppen der Krankenhausmitarbeiter, mit denen Sie es zu tun haben. Der Einfachheit und Übersichtlichkeit halber werde ich – wie übrigens im ganzen Buch – nicht immer weibliches und männliches Geschlecht gesondert ansprechen. Keiner weiß besser als ich, dass es außer Ärzten auch Ärztinnen und außer Schwestern auch Krankenpfleger gibt. Selbstverständliches muss man nicht ständig wiederholen. Wir werden auf die Problematik der Patientenaufklärung stoßen und uns über Verantwortung und Vertrauen Gedanken machen.

Das 11. Kapitel wird sich mit Untersuchungsmethoden befassen. Da ihre Zahl riesig ist und die meisten sich jeweils auf wenige Krankheiten beziehen, werde ich mich auf diejenigen Verfahren beschränken, die in irgendeiner Form bei fast jedem Patienten zur Anwendung kommen. Am Schluss werde ich einiges Überlegenswertes zur Differenzialdiagnose sagen. Im Kapitel 12 werden wir Maßnahmen der Anästhesie und Operationsvorbereitung erörtern, die Sie als Patient erleben oder über die Sie sich wundern werden, in einer Umgebung, die man als Laie sonst nicht zu sehen bekommt.

Kapitel 13 befasst sich dann mit einigen nichtoperativen Maßnahmen bei Schwerkranken, vornehmlich in der Intensivstation, sowie mit den Stunden und Tagen nach schwerer Erkrankung, also mit dem Aufwachraum oder der Intermediate Care. Ich werde aber auch eingehen auf grundsätzliche Probleme wie Schmerzempfinden, Krankheitsgefühl und Behinderung.

Für die Zeit nach der Entlassung diskutiere ich in Kapitel 14 noch einige grundsätzliche Erfahrungen mit Nacherholung und Rehabilitation, Kräftezustand und Lebensqualität. Es geht also zum Teil um Probleme, mit denen Sie sich zweckmäßig schon vor dem Ende Ihres Krankenhausaufenthalts befassen, wenn Sie nämlich noch Gelegenheit haben, Ihre dortigen Betreuer gezielt um Rat zu fragen.

Letztlich war ich bemüht, bis zum Ende des Buches ziemlich viele der Fragen, die einem in den Tagen im Krankenhaus durch den Kopf gehen, einigermaßen verständlich zu behandeln. Vielleicht wird die Lektüre gleichzeitig interessant und unterhaltsam. Und hoffentlich haben Sie dann nach der Entlassung den Eindruck, dass Sie mit diesen Informationen diese schwierige Zeit souveräner, kompetenter, vielleicht einfach besser als erwartet gemeistert haben.

 

 

           

 

 

 

2. Schlussbemerkungen

 

Man hat "das Krankenhaus" immer wieder einen komplizierten Organismus genannt. Wenn man die Mitarbeiter in die Betrachtung einbezieht, ist das gerechtfertigt. Dann "lebt" es sogar sehr dynamisch. Unser Verwaltungsleiter hat einmal bei unseren Krankenhausmitarbeitern über 60 Berufe gezählt. Sie alle hatten ihre Aufgaben und ihre Bedürfnisse. Um sie reibungsarm zu dirigieren, erfordert es eine durchdachte Organisation, die nahe am Geschehen flexibel zu reagieren vermag.

Hinzu kommt erschwerend die gemeinsame Aufgabe aller dieser Organteile, nämlich Kranken zu helfen in ihrer Not. Kranken Menschen, die mit sehr unterschiedlichen Krankheitsbildern kommen, auch nachts und an Wochenenden, bei denen die Ausnahme und das Besondere fast die Regel ist, und die jeweils adäquate Betreuung erfordern, und zwar oft genug sofort, und die nicht nur schwach, sondern nicht selten auch sehr eigenwillig oder sogar anspruchsvoll sind.

Und diese Aufgabe ist in gleichbleibender höchster Qualität zu erfüllen unter ständig wechselnden äußeren, nämlich gesetzlichen Bedingungen, in einer Umwelt, die die Verfügbarkeit von Ressourcen willentlich verknappt.

Es ist ein faszinierender, jedenfalls sehr interessanter Organismus. Seine Beurteilung, sein Ansehen variiert in sehr weiten Grenzen von "höchst lobenswert" bis hin zu "nicht empfehlenswert". In den Medien wird immer wieder von schrecklichen Fehlern berichtet, die oft auch tatsächlich passiert sind, von menschlichen Fehlleistungen, die natürlich auch vorkommen, von drohender Insolvenz oder von Vergeudung von Ressourcen.

 

Kritik ist prinzipiell wichtig und begrüßenswert, weil sie eine Voraussetzung für Verbesserungsbemühungen ist. Aber die tendenzielle Konzentration auf Missstände vermag das Ansehen einer ganzen Institution unzulässig zu beeinträchtigen. Und sicher ist, dass keiner der vielen Kritiker über profunde Kenntnisse der Bedürfnisse, Leistungen und Nöte der Krankenhauswelt verfügt. Der Blick der politisch Einflussreichen unter ihnen ist zudem tendenziös eingeengt oder gar ideologisch gefärbt.

Jahrzehntelang hatte ich mit Menschen zu tun, die irgendeine Mischung derartiger Schilderungen des Krankenhauses "im Hinterkopf" hatten, wenn sie mehr oder weniger unverhofft in die Klinik mussten. Oft habe ich versucht, wenigstens stark abweichende Vorurteile zurechtzurücken. Ich musste dann feststellen, dass meine wohlmeinenden Sätze während der (umständehalber relativ kurzen) Visite wenig effektiv waren. Es hätte einer mehrstündigen Diskussion bedurft.

So habe ich in diesem Buch versucht, ein möglichst objektives Bild zu zeichnen. Umfassend kann es wegen der Komplexität der Materie nicht sein. Aber die Aspekte des Krankenhauses, die der Kranke direkt erlebt oder die ihn gedanklich beschäftigen, die ihn interessieren könnten, die er auch verstehen sollte, solange er dieser Krankenhauswelt ausgeliefert ist, sollen erklärt werden.

Eine heile Welt kann das Krankenhaus nicht sein, das geht schon aus manchem Kapitel dieses Buches hervor. Aber ich meine, die "Krankenhauswelt" ist erfreulich erfolgreich angesichts der heutigen Bedingungen. Das liegt an dem ehrlich uneigennützigen Einsatz fast aller Mitarbeiter. Sie bleiben ihrem Vorsatz treu, kranken Menschen helfen zu wollen. Diese Welt ist von Menschen für Menschen geschaffen, und alle können mal Fehler machen. Ich hoffe, dass dieses Buch geholfen hat, Missverständnisse und damit vielleicht sogar einige Fehler auf Seiten der Patienten zu vermeiden.

Wahrscheinlich ist meine Darstellung gelegentlich von der Sichtweise eines Chefarztes, eines ärztlichen Direktors oder (heute) eines Aufsichtsratsmitgliedes beeinflusst. Manchmal mag meine Darstellung sogar den Eindruck erwecken, als wollte ich Missstände beschönigen oder wenigstens verteidigen. Diesen Verdacht möchte ich zurückweisen. Ob es sich nun um Finanzentscheidungen der Regierung oder der Verwaltung, um die Zeitnot der Schwestern, um ausweichende Antworten von Ärzten oder das Einkommen von Chefärzten oder allgemein um die Unzulänglichkeit der modernen Schulmedizin handelt: Ich wollte erklären, wollte Hintergründe aufhellen, um den Leserinnen und Lesern ein realitätsnahes eigenes Urteil zu ermöglichen. In der Rolle des Patienten oder des Angehörigen sollen sie dem Organismus Krankenhaus genügend Verständnis entgegenbringen, um sich darin so gut wie möglich behaupten zu können: sowohl als kritisch denkender Mensch als auch als fühlende (nicht mehr angsterfüllte?) Persönlichkeit. Falls der Leser an einigen Stellen zwischen den Zeilen zu erkennen meint, dass ich mit gewissen aktuellen Zuständen nicht zufrieden bin, mag das allerdings beabsichtigt sein.

Vielleicht war mein Anspruch zu hoch, aber ich wollte es versuchen: Seit ich (altershalber) nicht mehr "mit dem Skalpell in der Hand" helfen kann, möchte ich wenigstens auf psychologischem Gebiet noch etwas in meiner alten Arbeitsstätte Krankenhaus bewirken. Denn die Psychologie, speziell die einfühlsame Handhabung und Leitung der Emotionen habe ich immer als eine tragende Säule des Arztseins verstanden. Für die Mitarbeiter im Krankenhaus habe ich deshalb bereits einen Leitfaden der Emotionspsychologie geschrieben, der ihnen den kompetenten Umgang mit Kranken und Kollegen und den gekonnten Einsatz der eigenen Fähigkeiten erleichtern soll, gezielt wegen der Zeitnot. Ich würde mich freuen, wenn ich mit diesem Buch nun auch manchem Kranken seinen schweren Weg im Krankenhaus etwas ebnen konnte.

 

 

 

 

 

 

 

Titel Printausgabe
[Home] [Emotionspsychologie] [andere Themen] [Vorträge aktuell] [Vortrags-Planung] [Meine Bücher] [Literaturempfehlung] [Kontakt]