Wie kann man sich die Wirkungsweise und die Bedeutung der emotionalen Kompetenz vorstellen?

Ehe wir uns mit dem Begriff Kompetenz und den Besonderheiten der Emotionen näher beschäftigen, möchte ich einige ihrer Wirkungen anführen, um zu zeigen, worum es geht:

Fast alle Probleme, die man mit anderen Menschen bekommt, haben ihre Ursache in unzureichender emotionaler Kompetenz - in der eigenen oder derjenigen anderer, meist aber von beiden.

Zum Beispiel in Familie und Freundschaft:

oder in der Schule:

oder gegenüber Kollegen:

oder in der Führungsposition:

Das sind einige Beispiele für Probleme, die meistens mit ein wenig mehr interpersonaler Kompetenz vermieden werden könnten. Das kann fast jeder ändern oder jedenfalls bessern, der das will, denn ein wesentlicher Teil sind Angewohnheiten. Und was man sich einmal angewöhnt hat, kann man auch wieder ändern - mit der richtigen Taktik und solange sich daraus nicht ein suchtähnlicher Zustand entwickelt hat (Rauchen). Sie sollten die Zusammenhänge verstehen lernen. Wer ein Problem durchschaut, kann es am besten beherrschen. Ich möchte derartige Einsichten vermitteln.

Man benötigt die emotionale Kompetenz also, um:

Kompetenz beruht auf Wissen, Können und Erfahrung. Aber Voraussetzung ist auch Intelligenz. Ohne sie könnte man ja sein Können nicht optimal zweckgerichtet einsetzen.

Zusammenhang zwischen Kompetenz und Intelligenz

Die Kompetenz als solche kann man definieren als das Produkt aus dem Wissen, das eine Person hat, und ihrer Intelligenz. Und was ist dann Intelligenz? Ich wähle hier aus sehr vielen und sehr umständlichen eine kurze, sehr treffende Definition (genauer erkläre ich es auf der Seite “Intelligenz):

Die emotionale Intelligenz sorgt für eine situationsgerechte (unbewusste) Anwendung bzw. Verwendung von Emotionen, Trieben (angeborenen Bedürfnissen), Erfahrungen, Einstellungen und damit verbundenem rationalem Wissen. Das Resultat ist das individuelle, persönliche Verhalten in aktuellen Situationen. Das Ausmaß der Intelligenz dürfte auch im unbewussten Bereich angeboren und damit beim Erwachsenen konstant sein. Da man aber ein Leben lang Erfahrungen im emotionalen Bereich sammeln kann, vermehrt sich entsprechend auch die emotionale Kompetenz.

Diese theoretischen Erwägungen werde ich gleich näher erklären. Zunächst interessiert Sie sicher die Frage: Gibt es überhaupt eine emotionale Intelligenz und wo sind ihre Funktionsbereiche? Ich diskutiere das auf der Seite “emotionale Intelligenz”.

Wichtige Bereiche der emotionalen Intelligenz beziehen sich auf die Kontrolle und den Einsatz der eigenen Emotionen. Man spricht daher von der intrapersonalen emotionalen Intelligenz. Entsprechend gibt es auch intelligente Funktionen, die das Verhältnis zu den Mitmenschen im emotionalen Bereich regeln. Dann spricht man von der interpersonalen emotionalen Intelligenz. Die nächste Tabelle zeigt die wichtigsten Bereiche, in denen diese Fähigkeit (nach Ansicht von Goleman) zum Tragen kommen dürfte. Diese Ansicht ist umstritten. Die wissenschaftliche Untersuchung ist erheblich erschwert, da das entsprechende Testen von Versuchspersonen in realen Situationen und unter Ausschalten des Verstandes, der immer gleich alle emotionalen Reaktionen dominieren würde, fast unmöglich sind. So ist man auf das Ausfüllen von Fragebögen durch die Versuchsperson oder außenstehende Beobachter angewiesen, und die sind immer subjektiv und ungenau.

Nach einigen Autoren kann man die verschiedenen Faktoren zusammenfassen in zwei wichtigen Komponenten:

1. Durchsetzungsfähigkeit, also schwierige soziale Situationen meistern, und

2. Beziehungsfähigkeit, also Sensitivität, um andere schnell richtig zu verstehen (Empathie).

 

 

Soziale Kompetenz

In allen Bereichen, die man bei der “emotionalen Intelligenz” unterscheidet, kann man mehr oder weniger “begabt” sein, wie jeder aus der Alltagserfahrung weiß. Er kennt genügend Beispiele von Mitmenschen, die in der einen oder anderen Beziehung einfach gut sind. Und er kennt natürlich auch andere die es nicht sind, vielleicht schon massiv versagt haben. Haben diese Menschen entsprechende Gene, oder haben sie das von den Eltern oder guten Lehrern gelernt?

Wahrscheinlich spricht man besser von “sozialer Kompetenz”, weil sicher immer wesentliche Teile erworben sind. Man kann jedenfalls auch mit dem Verstand die entsprechenden Kompetenzen entwickeln. Man kann sich ein gewisses Verhalten vornehmen, kann es gewissenhaft trainieren. Man benötigt erhebliche Ausdauer, man sollte dafür auch fremde Hilfe und Rat annehmen. Das Lernen einer einzigen neuen Verhaltensweise, die oft der eigenen egoistischen Natur entgegenläuft, benötigt Wochen und Monate.

Dabei kann man  eine wichtige Eigenschaft des Gehirns nutzen: Jede Situation, die wichtig scheint, wird im Gedächtnis abgelegt. Um eine Kompetenz zu erwerben sollten es viele ähnliche Gelegenheiten sein, die man abspeichert. Dabei kann helfen, dass man sich die Ereignisse des Tages am Abend noch einmal durchdenkt oder dass man sie mit anderen diskutiert. Denn auch diese Gedanken oder Gespräche kann man zusammen mit der Ãœberzeugung, dass einem das Problem bedeutsam ist, im Gedächtnis behalten.

Wenn viele ähnliche Erinnerungen zusammenkommen, bildet das Gehirn gleichsam einen Mittelwert. Man nennt das Erfahrung. Oder es entsteht eine Einstellung zu dem einschlägigen Problem. Sie wird mit dem Marker verbunden, dass man die Angelegenheit als sehr wichtig betrachtet. Mit diesem emotionalen Marker wird diese Einstellung künftig bei Entscheidungen ein großes Gewicht auf die Waagschale bringen. Das geschieht unbewusst. Man ist langsam aber stetig sicherer geworden bezüglich des angestrebten Ziels. Das Verfahren verwendet man auch in der Verhaltenstherapie.

 Man muss seine Einstellungen pflegen, also die zugrunde liegende Erfahrung  mehren, so gut es geht. Ein Lehrer wird also nicht nur zu fachlichen Fortbildungen gehen, es wäre gut, wenn er sich auch im Bereich der emotionalen Kompetenz um neue Informationen bemüht und über deren Anwendung auf sein eigenes Verhalten nachdenkt.

Die wichtigste und zugleich schwierigste Kompetenz betrifft die Teamfähigkeit.Ich habe einmal aus zwei Broschüren für Managementtrainer die dort geforderten Eigenschaften zusammengestellt (unten folgende Tabelle). Es sind alles Fähigkeiten, die primär in den unbewussten emotionalen Bereich zu zählen sind. (Unterstreichungen in der Tabelle dienten zur schnelleren Orientierung im Vortrag. “Lernfähigkeit” als einzige rationale, also verstandesmäßige Kompetenz ist nicht blau gefärbt. Die Farbe blau verwende ich meist zur Kennzeichnung emotionaler Bedeutungen.)

 

Anmerkung

Wir können unterstellen, dass die meisten Menschen in Frieden mit den anderen auskommen wollen und sich um nebenstehende Kompetenzen bemühen. Aber es gibt mehr als diese sieben Punkte, und alle sind Teil sehr komplizierter psychologischer Zusammenhänge. Immerhin kann man sie auf einige wenige Leitmechanismen reduzieren. Der wichtigste für das eigene Verhalten ist Selbstbeherrschung, der wichtigste für zwischenmenschliches Zusammenleben ist Empathie.

Hinweis

Sie kennen schwierige Menschen? Vielleicht möchten Sie denen mal einen Spiegel vorhalten - am besten durch einen Dritten und so geschickt, dass niemand sich verletzt oder diskriminiert fühlt. Das geht lehrreich im Rahmen eines allgemeinen psychologischen Vortrags. Einzelheiten muss man natürlich vorher absprechen.

Siehe Vortrags-Planung, wählen Sie evtl. einen für Sie interessanten Vortrag aus unter “Vorträge aktuell” oder nehmen Sie mit mir “Kontakt” auf.

Beispiel:

Angenommen, Sie diskutieren mit Ihrem Vorgesetzten über die zweckgemäße Durchführung einer neuen Aufgabe. Die Stimmung ist etwas gereizt, da Sie die Auffassung des Chefs nicht rückhaltlos teilen. Die Argumente müssen sorgfältig überdacht werden. Dafür sorgt Ihr Verstand. Dafür aber, dass Sie möglichst den korrekten Umganston nicht verlassen, sorgt Ihre emotionale Kompetenz, und zwar überwiegend im Hintergrund,also ohne dass Sie in dieser Hinsicht das Für und Wider abwägen.

Erklärung

 Als Kompetenz könnte man auch die Fähigkeit bezeichnen, gelerntes und geordnetes Wissen, sowie trainierte Erfahrungen situationsgerecht anzuwenden. Für diese optimale Anwendung ist das “Werkzeug” Intelligenz zuständig. Man kann daher seine Kompetenzen so lange vermehren und verbessern, wie man dazulernen kann.

Die interpersonale emotionale Intelligenz des Menschen ist entwicklungsgeschichtlich jünger als die intrapersonale. Nach Untersuchungen mit fMRT ist sie auch in ganz anderen Gehirnbereichen lokalisiert als die intrapersonale.

Erklärung

 

Bemerkung

Wenn bei der Aufgabenstellung im Intelligenztest nicht exakt auf diese Unterscheidung zwischen Material und Werkzeug geachtet wird, misst man zu wesentlichen Teilen Wissen. Es ist wahrscheinlich, dass die Zunahme der durchschnittlichen Intelligenz der Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten auf diesem Fehler beruht. Kindergärten und Schulen vermitteln mehr Wissen besser, trainieren zum Teil direkt die Aufgabenstellungen im Test.

Erklärung

Der jahrzehntelange Streit darüber, ob Intelligenz angeboren oder nicht doch teilweise und zu welchem Anteil erworben ist, ist im wesentlichen darin begründet, dass man nicht scharf oder gar nicht zwischen Intelligenz und Kompetenz unterschieden hat.

Hinweis

Es gibt keinen Zweifel mehr, dass es auch schon bei den Tieren Gehirnfunktionen gibt, die einen situationsgerechten, also “intelligenten” Umgang mit Wissen, Erfahrungen, Gefühlsreaktionen oder auch mit motorischen Fähigkeiten ermöglichen. “Erfunden” hat die Natur die Intelligenz also nicht für den Menschen. Sein Gehirn kann sie jedoch am besten nutzen.

 

Emotionale Kompetenz als Reifezeichen

Wesentliche Voraussetzungen für die Reife eines Kindes zur Grundschule (!) liegen im Bereich der emotionalen Kompetenzen (blau umrandet).

Abbildungserklärung: Die wichtigsten Eigenschaften für Teamfähigkeit und ihr Gegenteil sind hier zusammengefasst. Der “Gruppen-IQ”, also die Fähigkeit eines Teams zu intelligent-produktiver Arbeit hängt weniger vom durchschnittlichen Intelligenzquotienten der Mitglieder  als von ihrer Team fähigkeit, also ihrer sozialen Kompetenz ab. Wenn nur einer eine der rechts rot geschrieben Eigenschaften genügend ausgeprägt einbringt, wird die Arbeit ganz entscheidend gestört.

Das sind natürlich ideale Forderungen. Aber sie zeigen, dass die Arbeit im Team die größte Anforderung an eine Persönlichkeit überhaupt stellt. Mitglieder sind schwer zu finden, die Einarbeitung mag lange dauern, und die mutwillige Umbesetzung wird sich meistens rächen.

Die gewünschten Eigenschaften sind in der ungeordneten Folge der obigen Tabelle unübersichtlich. in der folgenden habe ich die sechs wichtigsten denjenigen gegenübergestellt, die man gar nicht gebrauchen kann. Sie sind in der Bevölkerung eher häufiger und zeigen eindrücklicher, was mit Teamfähigkeit gemeint ist.

Die Tabelle zeigt die Bedeutung guter Kindergärten im Vorfeld der Grundschule und spricht für die Einführung einer Kindergartenpflicht gerade auch für Eltern, die nicht in der Lage sind, die entsprechenden sozialen Einstellungen bei ihrem Kind aufzubauen.

 

Erklärung

Kompetenzen lernt und trainiert man mehr oder weniger unbewusst ständig. Das bewusste lernen dagegen ist umständlich, erfordert Willensstärke und Ausdauer. Mit zwei Grafiken habe ich das an Beispiel der Verhütung von Burnout demonstriert.

Prof. Dr. Wolfgang Seidel, Sindelfingen

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Viele Stichworte wurden mehrfach behandelt . Zusätzliche Informationen erhält man durch anklicken von “ X”

 

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emotionale Intelligenz

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